Liebe Freunde und ehemalige Mitschüler des Abiturjahrgangs 1974 am Landrat, Lucas Gymnasium in Leverkusen, Opladen.
Ich begrüße Euch ganz herzlich und freue mich, dass zu diesem heutigen Anlass doch immer noch aus dem Kreis der ehemaligen Mitschüler relativ viele Leute gekommen sind.
50 Jahre Abitur ! Ein halbes Jahrhundert ! Was ist in dieser Zeit alles geschehen ? Wo sind die Jahre geblieben ?
Hinter den meisten von uns liegt ein abgeschlossenes Berufsleben. Ein Berufsleben, auf das wir uns damals nicht zuletzt mit dem Abitur vorbereitet haben. Nur wenige sind bis heute noch beruflich tätig.
Mittlerweile steht die nächste Generation bereit, uns abzulösen oder hat uns schon abgelöst. Wir merken das in vielen Situationen, dass wir plötzlich zu den “Alten” gehören und die handelnden Personen viel jünger sind oder gar unsere Kinder sein könnten.
Das muss man erst einmal verarbeiten. Die Herausforderung, sich nach der aktiven Lebensphase völlig neu aufstellen zu müssen, wie man so schön sagt, wird sicher von jedem anders bewältigt. Sprüche helfen da nicht weiter. Schon gar nicht das Gerede von den so genannten “Best Agern” und ähnlichen Floskeln.
Nein, die Aufgabe besteht darin, nicht nur neue Aufgaben zu finden, sondern neue Sinnzusammenhänge zu erschließen, in die wir unsere bisherigen Lebenserfahrungen sinnvoll integrieren können.
Auf diese Weise Zukunft zu erschließen, in der jedem von uns noch beschiedenen Zeit, geht nicht, ohne den Blick zurück zu werfen Und dem Vergangenen möglicherweise einen neuen Sinn zu geben.
Ja, es geht auch in unserem Alter noch um Zukunft. Nicht nur um unsere individuelle Zukunft allein, sondern auch um das, was wir den
nächsten Generationen hinterlassen. Und sei es nur das Vorbild und die Haltung, mit der wir mit der bemessenen Zeit umgehen und in ihr die wesentlichen Akzente setzen. Wie es in dem geflügelten Wort dabei heißt: “Alt werden ist nichts für Feiglinge”.
So gilt auch in unserem Alter das Wort des bedeutenden deutschen Philosophen. Hans Georg Gadamer: „Zukunft ist Herkunft“. Beides sinnvoll miteinander zu verbinden, das ist die Aufgabe jedes einzelnen von uns.
Die Zeit der frühen, siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts - wir sind ja aus dem vorigen Jahrhundert ! - waren ja Zeiten des Aufbruchs und der Zuversicht. So gesehen, waren wir alles andere als eine “skeptische Generation". Das ging bisweilen weit über die Aufgeschlossenheit für Reformen hinaus bis zu einer gewissen Reform-Euphorie.
Das Landrat Lucas Gymnasium im schönen Opladen war ja in ganz besonderem Maße mit seinem Modell der reformierten Oberstufe Ausdruck dieser Zeit. Unsere Lehrer hatten die Aufgeschlossenheit, sich zusammen mit uns den Fragen der modernen Zeit zu stellen. Jeder von uns erinnert sich mit Dankbarkeit an diesen oder jenen seiner damaligen Lehrer.
Die meisten von ihnen waren, jeder auf seine besondere Art, Vorbilder, auch wenn man das Manchmal erst später im Lichte der eigenen Lebenserfahrung zu begreifen begann. Die meisten von ihnen leben heute nicht mehr. In jedem Fall sind wir dankbar für alles, was sie uns auf den Lebensweg mitgegeben haben.
Die meisten Fragen und Diskussionen, die noch heute das gesellschaftliche Leben in unserem Lande bestimmen, waren schon damals virulent. Nur fielen sie eben auf einen Boden der Zuversicht, des Optimismus und des Aufbruchs.
Manchmal denke ich, in unseren Jahren und heute ist davon oft nicht mehr sehr viel geblieben. Bis in den privaten Bereich bestimmen jetzt viel zu häufig eher Krisen, Ernüchterung, Enttäuschung und, damals gar nicht vorstellbar, wieder der Krieg in Europa und seine Folgen unserer Leben
Umso wichtiger ist es, glaube ich, allen pessimistischen, ja bisweilen apokalyptische Vorstellungen entgegen, unseren Nachfolgern aus unserer Lebenserfahrung heraus, ein gewisses Maß an Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft in wirren Zeiten zu hinterlassen und vorzuleben.
Als ein besonderes Zeichen und Symbol der Zuversicht, manche würden auch sagen, des Gottvertrauens, ist seit jeher in unserer Kultur der Apfelbaum.
Von Martin Luther ist das Wort überliefert, auch wenn wir heute wissen, daß es gar nicht von ihm stammt
“Und wenn ich wüßte, daß morgen die Welt untergehen würde, so würde ich heute noch mein Apfelbäumchen pflanzen”
Hier steht ein solches Exemplar, das ich gleich mit Euch gemeinsam auf der Streuobstwiese gegenüber dem Hotel pflanzen möchte.
Dieser Baum möge uns alle überleben und ein Zeichen der Zuversicht setzen !
Uns
allen möchte einen Vers zusprechen, den ich in einem alten Choral fand.
„Sollt ich auf dieser Welt mein Leben höher bringen durch manchen sauren Tritt hindurch ins Alter dringen, so gib Geduld. Vor Sünd und Schanden mich bewahr, daß ich in Ehren trag all meine grauen Haar“
Bevor ich aber ende, möchte ich nicht versäumen, an jene zu denken, die heute aus Krankheitsgründen an unserem Treffen nicht teilnehmen können. Dabei denke ich besonders an Jürgen Frost, der sich angemeldet hatte und so gerne heute dabei gewesen wäre. Er schrieb mir dieser Tage, dass er nicht kommen könne, weil er wieder im Krankenhaus liege. Ebenso an Michael Wieloch, der nach einer größeren Operation im Krankenhaus bleiben muß. Auch Hans Brosch wäre gerne gekommen, ist aber verhindert durch die schwere Erkrankung seiner Frau.
Ihnen allen senden wir von diesem Abend unsere herzlichen Genesungswünsche.
Gedenken möchte ich aber in besonderem Maße unserer verstorbenen Lehrer und ehemaligen Mitschüler. Sie bilden mittlerweile eine nicht ganz kleine Zahl.
Stellvertretend für vielen, nenne ich nur vier Namen:
Ich denke an Anne Fehlemann, geborene Puklisch, die 2020 verstarb.
An Hajo Bittner, der Anfang des Jahres verstarb.
An Thomas Rensmann, der im Frühjahr ganz plötzlich einem Herzinfarkt erlag.
Und an Friedel Westermann, die immer so treu zu unseren Treffen kam. Sie ist, wie mir ihre Tochter mitteilte, Anfang des Jahres in Spanien verstorben.
Ich wäre Euch dankbar, wenn ihr Euch von euren Plätzen erheben und mit mir aller Verstorbenen eine Minute in Stille gedenken würdet.
…
Ihr habt Euch von euren Plätzen erhoben zum Gedenken an unsere Verstorbenen.
Ich
danke Euch